Dahin wollte ich es eigentlich nicht kommen lassen: dass ich mich solang nicht melde; und das auch noch in einer Zeit, in der so viel Spannendes passiert. Aber ich hatte mein Passwort vergessen und kam nicht auf die Seite.
Insofern ist es mir erspart geblieben, etwas zu der Flut von Kritik zu schreiben, die uns direkt nach Veröffentlichung der Platte erreichte. Wir saßen im Aufenthaltsraum des NDR-Studios, in dem wir bei der Aktuellen Schaubude auftraten, und stellten gespannt über Andreas' Handy eine Verbindung ins Internet her, um einen Blick ins Gästebuch zu werfen. Und was wir da lesen mussten, war schon happig. Fast alle Besucher äußerten sich enttäuscht bis böse über die CD, und unsere Hoffnung, dass da auf den folgenden Seiten andere Töne angeschlagen wären, erfüllte sich nicht. Uns blieb nichts anderes übrig, als es mit Humor zu nehmen, Galgenhumor natürlich. Wir mussten ja noch raus und unseren Auftritt absolvieren. Als wir dann in unseren Raum zurückkamen, sahen wir, dass es so weitergegangen war. Schon heftig.
Zum Glück hat sich das dann in den folgenden Tagen relativiert, und die Kritiken sind wohlwollender und differenzierter geworden. Sogar der Angriff auf das Gästebuch (jemand hatte seinen Wunsch, die CD zurückgeben zu dürfen, 300 Mal abgeschickt), entpuppte sich als Softwarefehler - das behauptete jedenfalls der verärgerte Kunde und wir haben es einfach mal geglaubt. Trotzdem ist es natürlich nicht schön, dass so viele doch ichsagmal unbegeistert sind. Wir haben unser Bestes gegeben und viel investiert, da wünscht man sich schon, dass sich das lohnt.
Trotzdem bemühe ich mich, die Kritik zu verstehen. Und das tue ich, glaub ich, auch. Ich kann viel nachvollziehen, gerade unsere Entscheidung, mit Instrumenten zu arbeiten (übrigens wie auch auf unserer ersten Platte "Basta"), konnte nicht jedem gefallen, vor allen Dingen den eingefleischten a-cappella-Fans nicht. Die CD ist auch nicht so Comedy-orientiert wie ihr Vorgänger, da muss man sich drauf einlassen. Oder muss es halt nicht. Ich will da auch gar nicht so viel zu schreiben, denn jeder hat sein Recht auf seine eigene Meinung. Aber eines hat mich dann doch gestört, und deswegen will ich ein paar Sätze dazu verlieren.
Das Wort "kommerziell" tauchte nicht nur im Gästebuch, sondern auch in unseren Mails viel auf, und nie meinte es was Gutes. Kommerzialität schien etwas zu Vermeidendes oder zu Befürchtendes zu sein. Ich würde gern das Augenmerk auf folgenden Punkt richten: so eine Platte kostet Geld. Das bezahlt jemand, der zumindest dieses Geld gerne wieder bekäm. Ich spreche kein Geheimnis aus, wenn ich darauf hinweise, dass wir bisher noch nicht in den Charts waren, mit keiner Platte. Das bedeutet, dass bisher zu wenig Menschen die Platten gekauft haben. Das bedeutet gleichzeitig, dass die Menschen, die das finanziert haben, Geld verloren haben. WIR machen die Platte für euch und für uns. Wir investieren gerne unsere Zeit und nehmen es in Kauf, damit nichts zu verdienen. Weil wir in der Zeit keine Konzerte geben, zum Beispiel. Aber eine Plattenfirma macht Platten, um sie zu verkaufen.
Jetzt kann einem der Stil gefallen oder nicht, der kann einem zu poppig, zu glattgebügelt sein oder was weiß ich. In Ordnung. Aber der Vorwurf der Kommerzialität geht ins Leere, weil er vergisst oder verschweigt, dass so eine CD in einem wirtschaftlichen Raum stattfindet und nicht in einem künstlerischen Nirvana, das ein Lottogewinn, ein stinkreicher Mäzen oder andere Wunder ermöglichen. So schön das auch wär.
Das heißt im Umkehrschluss nun auch nicht, dass "Wir sind wie wir sind" es jetzt schafft. Es ist ein weiterer Versuch. Vielleicht in manchen Augen künstlerisch nicht gelungen. Ich freue mich über eure Kritik, auch über deutliche Worte, nur das mit dem "kommerziell" - da musste ich ein paar Worte zu loswerden. Danke für eure Aufmerksamkeit.
P.S.: Und damit dieser Eintrag nicht nur aus Buchstaben besteht, schnell noch zu einem Alternatic-Cover, das mir persönlich auch besser gefällt als das eigentliche.