Donnerstag, 25. März 2010

Frühlingsreise

„Wenn ich gewusst hätte, dass ihr so verranzt ausseht, hätte ich mich nicht extra schick gemacht.“

So die Begrüßungsworte von Heiner Knapp, dem ersten Radiomoderator, auf den wir im Rahmen unseres Sendermarathons treffen. Ja, Recht hat er, der Mann von Radio Berlin, Thomas und ich sind im Schlabberlook unterwegs, aber wer schmeißt sich denn in Schale, wenn er eh den ganzen langen Frühlingstag in der S-Bahn, im Flugzeug und im Auto verbringt, um von einem Sender zum anderen zu pendeln? Heiner jedenfalls sieht aus wie aus dem Ei gepellt, und, wenn der Vergleich zulässig ist, so moderiert er auch dieses erste Interview, nämlich eimäßig perfekt. Was für eine Freude, am frühen Morgen auf einen so freundlichen wie gut vorbereiteten, charmanten wie professionellen Herren zu treffen und sich von ihm befragen zu lassen. So, reicht.

Danach geht es mit eigenem Limo-Service (Limou eher) und in Begleitung der Radiopromoterin Sylvia zu Radio Paloma. Kontrastprogramm. Ein, na, Schlagersender, würde man wahrscheinlich sagen, aber ganz so ist es dann auch wieder nicht; zwei junggebliebene und unglaublich ausgelassene Herren begrüßen uns in ihrem Studio und zeichnen mit Verve und Zackigkeit ein kurzes Interview auf. Fertig. Ich habe ausgesprochene Lust auf ein zweites Spiegeleibrötchen, aber wir entscheiden uns, auf einen erneuten Besuch des Cafés, in dem wir die Zeit zwischen erstem und zweitem Termin verbracht haben, zu verzichten und setzen uns ins Auto Richtung Potsdam.

Ein prächtiger Frühlingsstau begleitet unsere Fahrt, so dass es schließlich halb eins ist, als wir unsere dritte Station erreichen. Hunger.

Bei Antenne Brandenburg gibt es Hackklößchen mit Basilikumsoße. Man ist begeistert von „Gimme hope Joachim“ und verrät uns, dass der Titel für die WM-Berichterstattung fest eingeplant ist und der Sportredaktion bereits vorliegt. Wir freuen uns: das kann echt noch was werden mit der Nummer! Im Interview erweist sich der Moderator Frank als Musikkenner und fragt mich, ob das Madrigal von Palestrina inspiriert ist. Ich überlege kurz, ob ich so tun soll, als würde ich Palestrina mit Palästinenser verwechseln, lasse es dann aber. Bin im Nachhinein immer noch glücklich über meine Entscheidung.

Wir reisen weiter, nach Magdeburg. Ich erinnere mich, dass ich als Kind diese Stadt inbrünstig gehasst habe, aber meine Informationen beruhten einzig und allein auf meinem DDR-Puzzle. Unfair.

Immer noch sprießt überhaupt gar nichts; wieder mal geht mir schmerzlich auf, dass die Spanne, in der hier nicht alles im Wartezustand ist, viel zu kurz ist. Wann blüht denn endlich was, April doch erst richtig, und September ist schon wieder Herbst. Ich empfinde das als sehr unbefriedigend. V.a. diese Absurdität der Kombination von Sommerbeginn und gleichzeitig kürzer werdenden Tagen; als durchschnittlich sensiblen Menschen kann einen das ja nur zur Verzweiflung bringen, dass es noch gar nicht richtig losgegangen ist, wenn alles schon wieder zu Ende geht. Andererseits ist dieser ewige Kampf bestimmt gut für die Schaffensfähigkeit des Menschen; ich sag mal, am Äquator, wo immer alle Tage gleich lang, warm und schön sind, und wo man nicht ständig hadert mit der Vegetation, dem Wetter, dem Leben und all dem Rest, da, wie soll ich es sagen, hat man sich meines Wissens nicht besonders hervorgetan mit der Erschaffung von Dingen wie dem Quintenzirkel, dem Otto-Motor, dem Laufband mit einstellbarem Neigungswinkel. Aber so ist es halt, nämlich wie immer: Man kann nicht alles haben, Reggae und Beethoven, das ist einfach so, und wer etwas anderes sagt, der hat es nicht verstanden.